Ein Schüler, der als Buslotse arbeitet, trägt eine gelbe Warnweste.

Foto: Dominik Buschardt

Mit Mut und Warnweste

  • Buslotsendienste schaffen mehr Sicherheit an Schulbushaltestellen
  • Umfassende Schulung der Lotsen vor dem Einsatz
  • Unfallkasse Rheinland-Pfalz bildet Lehrkräfte zu Multiplikatoren aus


Kein Rangeln, Drängeln, Schubsen: Der Buslotsendienst in einer rheinland-pfälzischen Realschule plus schafft mehr Sicherheit an den Haltestellen. Bei der Ausbildung unterstützt die Unfallkasse Rheinland-Pfalz.


Ein betonierter Platz, auf dem Busse rangieren. Hinter Rangiergittern drängt sich eine Menschenmenge. Im rheinland-pfälzischen Dierdorf warten täglich etwa 1.500 Kinder zweier Schulen an den Bushaltestellen. Doch das Chaos bleibt aus. Viele nehmen ihren Ranzen ab, bilden ordentliche Reihen und steigen hintereinander in die Busse. Dabei helfen die Schülerinnen und Schüler in neongelben Warnwesten: Es sind Jugendliche, die sich ehrenamtlich im Buslotsendienst engagieren.

Deren Dienst beginnt nach der sechsten Stunde, wenn am meisten los ist. Die Buslotsinnen und Buslotsen stellen sich Dränglern in den Weg, ermahnen Jugendliche, ihre Rucksäcke abzunehmen, und sorgen dafür, dass die einsteigenden Schülerinnen und Schüler in einer Reihe bleiben..


Die Buslotsinnen und Buslotsen der Nelson-Mandela- Schule haben Erfolg, weil sie sicher auftreten, ruhig und sachlich argumentieren und als Team agieren. Gelernt haben sie das bei einer Buslotsen-Ausbildung, die von den Lehrkräften der Schule angeboten wird. Darüber hinaus gibt es regelmäßige Schulungen, bei denen die Jugendlichen als Team zusammenwachsen. Doch woher wissen Lehrkräfte, wie die künftigen Buslotsinnen und Buslotsen gebrieft werden?

Dazu bietet die Unfallkasse Rheinland-Pfalz ein eintägiges Multiplikatoren-Seminar an. Hierbei lernen die Lehrkräfte selbst all das, was sie später an ihre Schülerinnen und Schüler vermitteln. Zu den Inhalten des Seminars zählen Kommunikation, Teambuilding und das Wissen um typische Gefahrensituationen. Dabei kommt ein echter Bus inklusive Bremsmanöver zum Einsatz. Anschließend haben Lehrkräfte das Wissen, an ihren Schulen auf eigene Faust Buslotsinnen und Buslotsen auszubilden. Diese sind entweder wie in Dierdorf an den Schulbushaltestellen tätig oder können auch in den Bussen selbst mitfahren.

Busunternehmen mit ins Boot holen


Zudem empfiehlt die Unfallkasse Schulen, weitere externe Partner einzubinden. Zum Beispiel das Busunternehmen: „Dann wundern sich die Busfahrerinnen und Busfahrer nicht, wenn plötzlich Jugendliche eingreifen – im Gegenteil: Sie können dem Buslotsendienst sogar helfen“, sagt Jördis Gluch, Zuständige für die Verkehrssicherheit an Schulen und Kitas bei der Unfallkasse Rheinland-Pfalz. „Und auch die örtliche Polizei kann in das Projekt mit eingebunden werden.“ Denn die Erfahrung der Unfallkasse ist: Der Rückhalt durch außerschulische Fachleute ist für den Lotsendienst wichtig.

Und nicht nur der: Ein Projekt, das mit dem freiwilligen Engagement der Jugendlichen steht und fällt, benötigt die Befürwortung und Unterstützung der Schulleitung und Lehrkräfte: „Lehrkräfte sollten den Jugendlichen als Ansprechpartner zur Verfügung stehen, Beschwerden an die Klassenleitung weitergeben und sie immer wieder für ihren Einsatz loben“, sagt Gluch.


An der Nelson-Mandela-Schule dient als Motivationshilfe auch ein Hinweis im Zeugnis auf das Ehrenamt der Jugendlichen. Außerdem unternehmen alle Schülerinnen und Schüler, die sich in einem Schuldienst engagieren, vor den Sommerferien einen Ausflug ins Schwimmbad oder den Freizeitpark. Für Lehrer Ralf Gramowski, der das Projekt gemeinsam mit seinem Kollegen Michael Ruhl leitet, eine verdiente Belohnung: Er will sich gar nicht vorstellen, wie es ohne den Lotsendienst an den Haltestellen zuginge. Seiner Einschätzung nach gäbe es an den Haltestellen ohne Lotsendienst weitaus mehr Gewalt und Unfälle.


So kommt es, dass sich in Dierdorf täglich nach der sechsten Stunde auch jeweils drei Lehrkräfte beider Schulen die Warnwesten überstreifen, um den Buslotsendienst zu unterstützen. Buslotse Akim sieht es allerdings genau andersherum: „Die Lehrer brauchen unsere Unterstützung, alleine schaffen sie es nicht.“

Wie sehen die Jugendlichen den Buslotsendienst?


Theresa Chatonnie:
„Ich bin jetzt im vierten Jahr Buslotsin. Manche, die mich seit der fünften Klasse kennen, wissen mittlerweile meinen Namen. Sie hören auf mich und fragen mich bei Problemen.“


Marc Kölsch:
„Als ich neu an der Schule war, habe ich erlebt, dass alle gedrängelt und gedrückt haben. Da habe ich gedacht: Es reicht mir. Und bin Buslotse geworden.“


Akim Bulunmad:
„Die Busfahrer kennen uns Buslotsen und manche helfen uns. Wenn sie sehen, dass wir nicht beachtet werden, ziehen sie auch mal eine Busfahrkarte ein oder schreiben sich einen Namen auf.“

Gefährdungen

  • Kinder werden durch Drängeln und Schubsen auf die Straße geschoben oder fallen hin. ➔ Es drohen gefährliche Unfälle durch Busse oder andere Fahrzeuge.
  • Köpfe werden von den Spiegeln einfahrender Busse getroffen.
  • Busse fahren Passantinnen oder Passanten über die Füße.
  • Busse können nicht an den Bordstein vorfahren, wodurch neue Gefahren beim Einsteigen entstehen.
  • Die Türen von Bussen werden durch die drängelnde Menge eingedrückt.

Weitere Infos


Anna Nöhren,
Redaktion (Universum Verlag)

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