Foto: Dominik Buschardt

Lernzeit im August

  • Wissenslücken und Rückstände nach Corona aufholen
  • Goetheschule Grundschule Offenbach bietet erstmalig Lernwerkstatt an
  • Aktion im Rahmen des hessischen Programms „Löwenstark“

 

Der Satz des Tages steht an der Tafel. Wie viele Wörter hat er, welche Wortarten und Schwierigkeiten gibt es? Emsig üben die Kinder mit ihrer Lehrerin Neşe Şahin-Brenneis die Regeln rund um Präsens, Präteritum und Pronomen. Nach der Pause geht’s mit Mathe weiter: Die Pädagogin versteckt im Unterrichtsraum Zettel mit Rechenaufgaben, um die Kinder zum Suchen, Finden und Rechnen zu animieren.

 

Die Stimmung in der kleinen Lerngruppe ist gut. Die Kinder genießen das spielerische Lernambiente – und auch die angenehme Akustik: „Im Vergleich zu unserer normalen Klasse ist es jetzt viel leiser“, findet der neunjährige Stefanos.

 

Die Szene ist Teil der Lernwerkstatt, die an der Goetheschule Offenbach in dieser Form erstmalig stattfindet. „Wir haben gemerkt, dass viele Kinder Lücken in Deutsch, Mathematik und Sachunterricht haben. Auch die Defizite aus dem Distanz- unterricht konnten wir nicht alle auffangen“, sagt Vassilki Alexouda.

 

Als die Rektorin vom hessischen Programm „Löwenstark – der BildungsKICK“ hörte, wandte sie sich sofort ans Hessische Kultusministerium. Sie war sicher: „So etwas brauchen wir definitiv!“ Die Lernwerkstatt versteht sie als ein erstes Projekt, um Defizite des pandemiebedingten Distanzunterrichts aufzuholen.

 

Doch ein zusätzliches Unterrichtsformat während der Sommerferien nach diesem anstrengenden Schuljahr? Die Schulleiterin spricht von einem schmalen Grat zwischen der Fürsorgepflicht für das Schulkollegium und den Bedürfnissen der Kinder. Am Ende haben sich neun von 37 Lehrkräften des Kollegiums entschlossen, die dreitägige, freiwillige Lernwerkstatt zu unterstützen. Für jede unterrichtete Stunde gibt es eine zusätzliche Vergütung aus Mitteln des Programms „Löwenstark“.

 

Das pädagogische Konzept stemmten die engagierten Lehrkräfte kurzfristig bei einem Workshop Mitte Juli 2021 in Eigenregie. Der Vorteil: Die Lerninhalte konnten zielgruppengerecht für die Schülerinnen und Schüler entwickelt werden. „Die Kolleginnen und Kollegen kannten den Förderbedarf ‚ihrer‘ Kinder ja bestens“, sagt Alexouda.

 

Schwerpunkt war, wie im regulären Schulalltag, die Deutschförderung. Denn: „Wir haben Schülerinnen und Schüler aus 45 Nationen, viele kommen mit keinen oder geringen Deutschkenntnissen“, erzählt die Schulleiterin. Weitere Lerninhalte betreffen Inhalte aus den Fächern Mathe und Sachunterricht, die wiederholt und gefestigt werden sollen.

Vorgestellt wurde das Ferien-Lernformat vor den Ferien in den Klassen und bei den Eltern. Daraufhin meldeten sich vor allem die stärkeren Schülerinnen und Schüler. Die Schule steuerte nach und sprach gezielt Eltern der Kinder mit dem größeren Förderbedarf an.

Dabei zeigte sich: Einigen Eltern war die gemeinsame Ferienzeit wichtiger, andere waren froh über das Zusatzangebot. „Unser Elternbeirat hat sehr positiv darauf reagiert“, berichtet die Rektorin.

 

Nun fand in der letzten Augustwoche die erste Lernwerkstatt mit 9 Lehrkräften und Lerngruppen statt, differenziert nach inhaltlichen Schwerpunkten und Jahrgängen. Doch was bringen die drei zusätzlichen Lerntage konkret?

 

„Da es sich um ein Pilotprojekt handelt, liegen konkrete Erkenntnisse bisher nicht vor, das wird sich erst später im Unterricht herausstellen. Es war uns aber sehr wichtig, hier einen Anfang zu machen und den Kindern die Möglichkeit anzubieten“, sagt Lehrerin Şahin-Brenneis.

 

Selbstverständlich reichen drei Tage nicht aus, um Rückstände aufzuholen, die in vielen Monaten entstanden sind, weiß auch Rektorin Alexouda. Aber es ist ein erster Schritt. An der Goetheschule möchte man voraussichtlich weitere Formate dieser Art anbieten – in den Oster- und Herbstferien.

 

Das Programm Löwenstark

  • Mit dem hessischen Landesprogramm „Löwenstark – der BildungsKICK“ werden Kinder und Jugendliche mit vielfältigen Maßnahmen bei der Bewältigung der Corona-Pandemie unterstützt. Weitere Infos: https://kultusministerium.hessen.de, Suchwort Löwenstark
  • Zu den Unterstützungsmaßnahmen zählen unter anderem zusätzliche Förderkurse, Angebote in den Ferien sowie sozialpädagogische und schulpsychologische Unterstützungsangebote.
  • Finanziert wird das insgesamt 150 Millionen Euro umfassende Programm jeweils zur Hälfte vom Land Hessen aus dem Corona-Sondervermögen sowie vom Bund über das Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“.

 

Infos zur Goetheschule unter: www.goe.schulen-offenbach.de

 

 

Autorin: René de Ridder, Redakteur (Universum Verlag)

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