Foto: Dominik Buschardt

Trubel im Sekretariat

  • Ein Tag im Schulsekretariat einer Integrierten Gesamtschule
  • Arbeitsabläufe werden oft gestört und unterbrochen
  • Wie sich Belastungen für Beschäftigte verringern lassen

 

Sekretariate sind oft kommunikative Dreh- und Angelpunkte von Schulen. Wer hier arbeitet, benötigt gute Nerven, Sozialkompetenz und ausgeprägte organisatorische Fähigkeiten. Beate Waldmann berichtet von ihrem Tagesablauf an einer Integrierten Gesamtschule, und welche Herausforderungen der Job mit sich bringt.

 

Ihr Arbeitstag beginnt lange vor Unterrichtsbeginn. Um 6.30 Uhr schließt Beate Waldmann die Tür des Schulsekretariats auf. Die Büroleiterin und Verwaltungsangestellte der Wiesbadener Hermann-Ehlers-Schule (Hessen) kommt bewusst so früh: „Um diese Uhrzeit ist es noch ruhig und ich kann mich in Ruhe und mental auf die Hektik des Tages vorbereiten.“ Dann räumt sie die Spülmaschine des Vortages aus und kocht sich eine große Kanne Tee. Schon nach kurzer Zeit wird Schluss sein mit der Stille.

 

Zwischen 7 und 8 Uhr klingelt das Telefon. Zunächst vereinzelt, dann immer öfter. Erfahrungsgemäß melden sich gesundheitlich angeschlagene Lehrkräfte in der Zeit von 7 bis 7.30 Uhr krank. Ab halb acht sind es dann Eltern, die ihre Kinder für den Tag krankmelden. „Das können schon mal 25 bis 30 Anrufe allein von Elternseite sein“, berichtet die erfahrene Schulsekretärin.

 

Spätestens ab 8 Uhr herrscht turbulente ‚Hochsaison‘ im Sekretariat. „Zu dieser Zeit geht die Tür meist gar nicht mehr zu“, schmunzelt Waldmann. Viele der 60 Lehrkräfte kommen mit verschiedenen Anliegen. Häufig holen sie einen Ersatzschlüssel ab oder wollen eine neue Klassenliste haben, weil ein neuer Schüler dazugekommen ist. Weitere typische Frage: Wo finde ich die Stufenleitung?

 

Nach dem Unterrichtsbeginn wird es im Schulbüro etwas ruhiger. Dann erledigt die 57-Jährige Verwaltungsaufgaben. Zum Beispiel bearbeitet sie die Bestellungen der Lehrkräfte. Über ein Programm des Schulträgers werden Kreide, Mikroskope und andere Unterrichtsmaterialien bestellt. In eine Datenmaske werden Artikelnummer, Bestellmenge, Mehrwertsteuer und Nettopreis am Rechner eingegeben. „Dabei muss man sich wirklich konzentrieren“, sagt sie.

 

Doch ungestörte Zeiten gibt es fast nie. Stattdessen kommen einzelne Schülerinnen und Schüler ins Sekretariat. Sie wollen dort ihre Eltern anrufen, weil sie sich unwohl oder krank fühlen. Wenn die Kinder die Telefonnummer nicht auswendig kennen, sucht Frau Waldmann die Nummer heraus und hilft beim Wählen.

 

9.30 Uhr, große Pause. Viele Menschen stürmen ins Sekretariat, um etwas zu erledigen. Kinder und Jugendliche fragen nach Schulbescheinigungen für die Eltern. Lehrkräfte wollen an die im Sekretariat archivierten Schülerakten heran. Oder möchten zum Schulleiter: „Ist Herr Adler gerade da?“ Apropos Akten: Diese werden von den Sekretariatskolleginnen geführt – neben Beate Waldmann gibt es eine weitere Sekretärin in Teilzeit. Enthalten in den Akten sind Zeugnisse, Schriftverkehr und Daten der Schülerinnen und Schüler.

 

Nach der großen Pause ab 10 Uhr hat das Schulsekretariat offiziell Pause. „Wir versuchen dann, in Ruhe eine Pause zu machen, auch wenn es nicht immer klappt.“

Anschließend stehen wieder administrative Aufgaben auf dem Programm. Zahlreiche Anfragen und Mails des städtischen und staatlichen Schulamtes werden im Sekretariat bearbeitet. Dabei geht es etwa um Fragen der Schulstatistik. Anderes Beispiel: Ein Schüler ist nicht ordnungsgemäß in der hessischen Lehrer-Schüler-Datenbank (LUSD) eingetragen worden, der Eintrag muss jetzt im Sekretariat korrigiert werden.

 

Außerdem schreiben Frau Waldmann und ihre Schulsekretariats-Kolleginnen sogenannte Elternbriefe. Das bedeutet: Wegen Fehlverhaltens oder Regelbruchs ist ein Schüler oder eine Schülerin zur Schulleitung gebracht und nach Hause geschickt worden. Danach wird schriftlich eine Info für die Erziehungsberechtigten im Schulsekretariat verfasst.

 

11.30 Uhr: Der ‚Publikumsverkehr‘ nimmt wieder deutlich zu. Kinder und Jugendliche fragen: „Wir haben einen neuen Lehrer, wo ist meine Klasse?“ Für Beate Waldmann ist es auch an der Zeit, Fragen mit der Schulleitung abzuklären: Wie laufen die Planungen für die Kennlerntage, das Schulfest, den Mathe-Wettbewerb?

 

13 bis 14 Uhr, große Mittagspause. Es kommen leicht verletzte und weinende Schülerinnen und Schüler, die während der Pause hingefallen sind. Dann begutachtet die Büroleiterin die Verletzung und verständigt den Schulsanitätsdienst per Walkie-Talkie. Früher verarztete sie selbst einfache Schürfwunden. „Das habe ich mittlerweile an den Schulsanitätsdienst abgegeben“, berichtet sie.

 

Um 14 Uhr startet der Unterricht wieder. Im Sekretariat beginnt eine der ruhigsten Zeiten des Tages, bevor die Schulverwaltungsangestellte um 15.30 Uhr Feierabend macht. Ihre Überstunden „gleicht“ sie in den Ferienzeiten aus. Allerdings weniger in den Sommerferien: „Dann ist am meisten zu tun, weil die Schülerakten für das neue Schuljahr aktualisiert werden müssen.“

 

Was ist die größte Belastung in dem Job? „Es sind der permanente Stress und die dauernden Störungen“, antwortet sie, die seit 19 Jahren an dieser Gesamtschule arbeitet. Um wenigstens ab und zu ein wenig Ruhe zu haben für Verwaltungsarbeiten, hat sie sich in Absprache mit der Schulleitung einen Ausweicharbeitsplatz in der Schule eingerichtet. Dafür wurde ein separater Raum zur Verfügung gestellt.

 

Und manchmal stürmen verärgerte Eltern ins Sekretariat. „Ich versuche dann, Ruhe zu bewahren und zu signalisieren, dass man bereit ist, bei der Lösung des Problems zu helfen“, berichtet Waldmann. Sie ist froh, dass der Schulleiter gleich nebenan sitzt, seine Tür meist offen hat und bei Konflikten schnell einschreitet.

 

Trotz allem liebt Beate Waldmann ihren Job. Was rät sie Berufsanfängern? „Man sollte sich davon abgrenzen, für alle möglichen Aufgaben vereinnahmt zu werden“, rät die erfahrene Schulsekretärin aus Wiesbaden.

 

Und räumt ein, genau dies selbst ein wenig versäumt zu haben: „Die Schülerinnen und Schüler wissen genau: Ich bin von morgens früh bis nachmittags grundsätzlich immer da!“

 

Weitere Infos

 


René de Ridder, Redakteur (Universum Verlag)

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