Illustration eines Verbotsschildes, in dem eine Kamera abgebildet ist.

Illustration: Getty Images/MizzyMish

Fotos und Datenschutz

  • Private Erinnerungsfotos für den familiären Gebrauch offline sind erlaubt
  • Schulen haften nicht für Verstöße der Eltern
  • Aushang, dass für Berichterstattung fotografiert wird, reicht allein nicht


Ob Einschulung oder Abiball – häufig herrscht Verunsicherung, wenn es um das Fotografieren bei Veranstaltungen in der Schule geht. Was Schulleitungen rechtlich darüber wissen sollten.


Ärger am ersten Schultag: Zum Beginn des Schuljahres verboten mehrere Grundschulen, Erstklässler zu fotografieren. Begründet wurde das mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Die Verbote stießen bei vielen Eltern auf Ärger und Unverständnis und machten in einzelnen Fällen auch bundesweit Schlagzeilen.


„Ein Stück weit muss man die Schulen in Schutz nehmen“, sagt Rechtsanwalt Christian Solmecke, „denn insbesondere im Hinblick auf die Fotografie hat die DSGVO für sehr viel Unsicherheit gesorgt.“ Solmecke ist Partner einer Kölner Medienrechtskanzlei und Autor etlicher Fachbücher. Seiner Einschätzung nach wussten Schulen vielerorts nicht, wie sie das neue Datenschutzrecht umsetzen sollten. Zudem seien beim Thema Fotos und DSGVO auch noch viele Rechtsfragen umstritten. Doch müsse sich jeder, der ein Foto schieße – mithin personenbezogene Daten verarbeite –, nun Gedanken um die Rechtsgrundlage machen.

Datenschutzrecht strenger


In der Vergangenheit war in Deutschland für die Verbreitung von Fotos nur das Kunsturhebergesetz (KUG) maßgeblich. Es schützt das „Recht am eigenen Bild“. Demnach dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Diese Regel gilt aber nicht uneingeschränkt, das Kunsturhebergesetz nennt Ausnahmen. So sind etwa für Fotos von Versammlungen oder Demonstrationen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben, keine Einverständniserklärungen nötig, ebenso wenig wenn die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder einer Örtlichkeit erscheinen, also erkennbar nicht selbst das Motiv waren. „Das Datenschutzrecht ist jedoch viel strenger und stellt zudem auch Anforderungen an die Aufnahme von Fotos“, betont der Anwalt.


Es gibt Bedingungen für die Einwilligung sowie Informationspflichten. So müsse sich die Einwilligung immer auf einen bestimmten Fall und Verarbeitungszweck beziehen, erläutert der Jurist. Sprich: auf die konkrete Veranstaltung. Eine Generaleinwilligung für Schulveranstaltungen, wie sie früher üblicherweise von Erziehungsberechtigten eingeholt wurde, reiche nach dem Wortlaut der DSGVO nicht mehr aus.

Abgesehen davon wurden bei den alten Einwilligungen die datenschutzrechtlichen Besonderheiten oft nicht beachtet. „Möglicherweise wird es künftig ausreichen, wenn die Eltern für genauer bezifferte Schulveranstaltungen einwilligen, sofern sie wissen, was mit diesen Fotos anschließend passiert.“ Rechtssicherheit gebe es an dieser Stelle aber noch nicht.


Medienberichten zufolge verbot im vergangenen Sommer eine Grundschule in Halle/Saale jegliche Fotoaufnahmen bei der Einschulung, weil manche Eltern beim Infoabend vorab nicht damit einverstanden waren, dass ihr Kind fotografiert wird. Schulen können aufgrund ihres Hausrechts ein solches Totalverbot aussprechen, bestätigt der Anwalt. Allerdings ist es bei großen Veranstaltungen kaum möglich, zu kontrollieren, ob sich jeder daranhält. Die Schulen sind laut Solmecke rechtlich nicht verpflichtet, das Verbot durchzusetzen und Verstöße zu verhindern.

Wer nicht fotografiert werden möchte, trägt ein Erkennungszeichen


Ohnehin verbiete das Datenschutzrecht nicht per se, dass Eltern während einer Schulfeier Fotos von ihren Kindern machen, stellt der Experte klar. Gemäß dem sogenannten Haushaltsprivileg unterliegen private Erinnerungsfotos nicht der DSGVO – solange Eltern die Bilder nur ins Fotoalbum kleben oder daheim an die Wand hängen. Das Kunsturhebergesetz ist in diesem Fall ebenfalls nicht anwendbar.


Anders ist das, wenn sie die Fotos im Internet hochladen, etwa auf Instagram oder Facebook posten. Selbst ein nicht-öffentliches Facebook-Profil ist nicht wirklich privat. Sobald ein Freund ein Foto „liked“ oder kommentiert, können auch dessen sämtliche Freunde das Bild sehen. Auch dann sind die Schulen nicht die Verantwortlichen für die Fotos, sondern die Eltern haften für die Rechtsverstöße selbst.


Zu einem totalen Fotoverbot gibt es jedoch Alternativen: Die Schule kann von allen Teilnehmenden eine schriftliche Fotoerlaubnis einholen. Wer nicht fotografiert werden möchte oder soll, trägt ein Erkennungszeichen wie etwa ein buntes Schlüsselband.


Oder die Schule bittet die Personensorgeberechtigten und Familienangehörigen darum, während der Feier nicht zu fotografieren. Und bietet an, stattdessen am Ende der Veranstaltung an einem bestimmten Ort der Schule Fotos anzufertigen. Wer keine Fotos von sich oder seinem Kind will, bleibt dem Ort fern. Eltern die Möglichkeit zu geben, am Ende der Feier Gruppenfotos von allen Kindern zu schießen, deren Eltern damit einverstanden sind, sieht Solmecke als gute Kompromisslösung an.


Einige Grundschulen entscheiden sich dafür, einen Profi-Fotografen zu beauftragen, um Fotos von den ABC-Schützen zu machen, die die Eltern dann kaufen können. „Wenn die Schule einen Fotografen engagiert, muss sie die Datenschutzgrundverordnung beachten“, sagt Solmecke.


Das gilt auch für Lehrkräfte, die für die schulische Öffentlichkeitsarbeit fotografieren. Sie können sich nicht auf das sogenannte Medienprivileg berufen. Das entbindet Journalisten, Rundfunkanstalten und Pressunternehmen von umfassenden datenschutzrechtlichen Verpflichtungen und beschränkt den Datenschutz auf einen Mindeststandard. So gelten etwa für Journalisten die Regelungen über die Betroffenenrechte nicht, sie müssen die Betroffenen nicht vor oder bei der Datenverarbeitung über ihre Rechte, wie zum Beispiel Auskunft und Widerspruch, informieren. Doch für Fotos von minderjährigen Schülerinnen und Schülern müssen auch Journalisten in der Regel die Einwilligung der Erziehungsberechtigten einholen.


„Bei Kindern und Jugendlichen bis zu einem gewissen Alter ist es allein Sache der Eltern zu entscheiden, ob und welche Fotos der eigenen Kinder veröffentlicht oder im Netz verbreitet werden“, erläutert Christian Solmecke. Ab etwa 14 Jahren sollten beide, das Kind und die Eltern, um ihr Einverständnis gebeten werden, wenn es darum geht, Fotos vom Kind zu veröffentlichen. Erst wenn der Nachwuchs älter als 16 Jahre ist, dürfte dessen alleinige Einwilligung ausreichen. „So jedenfalls regelt es die DSGVO für die Zustimmung zu Datenschutzerklärungen in sozialen Netzwerken. Für Fotos im Netz dürfte daher nichts anderes gelten.“


Dem Juristen zufolge sind Aushänge, wie sie oft bei „Tagen der offenen Tür“ zu sehen sind, nach der DSGVO nicht ausreichend. Sinngemäß steht auf solchen Aushängen, dass auf der Veranstaltung sowohl vom Veranstalter für die eigene Berichterstattung als auch von Medien fotografiert und gefilmt werde und sich die Besucher durch ihre Teilnahme damit einverstanden erklären.


Denn eine gültige Einwilligung haben die Anwesenden nicht erteilt, sagt Solmecke. Schließlich können sie sich nicht den Fotos entziehen, ohne der Veranstaltung fernzubleiben – das aber falle unter das sogenannte Kopplungsverbot. „Man darf den Zutritt zur Veranstaltung nicht von einer Einwilligung in das Fotografieren abhängig machen.“ Letztlich bleibe dem Fotografen nur, alle abgelichteten Personen für die einzelnen Fotos um Erlaubnis zu bitten.

Experte


Fachlicher Ansprechpartner für diesen Beitrag war Rechtsanwalt Christian Solmecke, Partner der Kanzlei Wilde Beuger Solmecke. Weitere Infos unter www.wbs-law.de


Mirjam Ulrich,Journalistin aus Wiesbaden

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