Foto: Fotolia/Zerbor

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Mukoviszidose
Die Erkrankung wird durch eine genetische Veränderung im Erbgut verursacht. Zirka jeder 30. Mensch hierzulande ist Erbträger der Krankheit. Die meisten wissen aber nichts davon, sie sind gesund. Nur wenn beide Elternteile das Mukoviszidose-Gen in sich tragen, kann ein Kind an Mukoviszidose erkranken.

Ausprägung und Verlauf der Erkrankung und damit die sichtbaren Symptome während der Schulzeit sind außerordentlich unterschiedlich. Dies ist bedingt durch das Vorliegen unterschiedlicher Mutationen am Mukoviszidose-Gen aber auch durch die Qualität der Therapie. Durch den Gen-Defekt ist bei der Mukoviszidose der Salz- und Wasserhaushalt gestört. Dadurch ist der Schweiß außergewöhnlich salzig und ein zäher Schleim führt in einer Reihe lebenswichtiger Organe, vor allem Lunge, Bauchspeicheldrüse, Leber und Darm, zu Problemen. Weil dieser zähe Schleim ein idealer Nährboden für Bakterien ist, können immer wiederkehrende Entzündungen das Lungengewebe zerstören. Äußere Symptome hierfür sind häufiges Husten und zunehmende Atemnot unter körperlicher Belastung.

Moderne Medikamente vermeiden Mangelernährung
Weil der Ausführgang der Bauchspeicheldrüse blockiert ist, können fettverdauende Enzyme nicht in den Darm gelangen. Daher werden mit der Nahrung aufgenommene Fette und Eiweiß unverdaut mit dem Stuhlgang wieder ausgeschieden. Da Kalorien und fettlösliche Vitamine vom Körper nicht aufgenommen werden, droht auf lange Sicht Mangelernährung. Durch die Behandlung mit modernen Medikamenten (Pankreasenzymen) kann heute bei den Betroffenen Unterernährung und körperliche Entwicklungsverzögerung vermieden werden.


Die durchschnittliche Lebenserwartung eines heute geborenen Säuglings liegt bei ca. 45 Jahren. Doch einige Patienten sterben auch heute noch vor Erreichen des 18.Lebensjahres. Eine Prognose im Einzelfall ist nicht möglich. Mukoviszidose gilt als Behinderung - je nach Ausprägung und Verlauf der Erkrankung liegt der Grad der Behinderung (GdB) zwischen 20 und 100 Prozent.


Schulalltag mit der Krankheit

Mit zunehmend stärker ausgeprägter Organschädigung bedeutet die täglich notwendige Therapie eine extrem zeitaufwendige Belastung, die den Betroffenen große Disziplin abverlangt. Mehrfach täglich müssen Physiotherapie, Atemtherapie und Medikamenteninhalationen durchgeführt werden; schwer lungenkranke Patienten müssen auf Grund der extrem gesteigerten Atemarbeit, der Herz-Kreislaufbelastung und der chronischen Entzündung der Lunge bis zu 160 Prozent der Nahrungsmenge eines gesunden Kindes verteilt auf bis zu acht Mahlzeiten zu sich nehmen. Appetitlosigkeit und Kurzatmigkeit machen die Aufnahme solcher Kalorienmengen beinahe unmöglich.



Aufgrund der Krankheit

  • müssen Patienten zum Teil plötzlich und häufiger zur Toilette gehen
  • müssen manche Patienten regelmäßig hochkalorische Nahrung zusammen mit Pankreasenzymen und vermehrt Flüssigkeit (also auch im Unterricht) zu sich nehmen
  • brauchen sie viel Bewegung, möglichst an der frischen Luft
  • ermüden sie schneller und nächtliche Hustenattacken mit zähem Auswurf sowie Bauch- schmerzen können Ursache chronischer Übermüdung sein
  • kann bei ihnen Sauerstoffmangel zu verminderter Konzentrations- und Merkfähigkeit führen
  • haben sie eine höhere Infektanfälligkeit, die zu häufigeren Fehlzeiten führen kann

Krankenhausaufenthalte führen zu häufigen Fehlzeiten. Durch die aufwendige, tägliche Therapie und die geforderten Hausaufgaben haben die Schülerinnen und Schüler kaum Freizeit. Häufig entwickeln die Betroffenen trotz der hohen Belastung einen gesteigerten Leistungswillen.
Um soziale Ausgrenzung zu vermeiden, ist es meist ratsam, die Mitschülerinnen und Mitschüler über die Erkrankung aufzuklären, denn häufig empfinden diese den Husten und die Blähungen als unangenehm und haben Angst sich anzustecken, obwohl das unmöglich ist.


Auch haben die betroffenen Schülerinnen und Schüler erschwerte Bedingungen, Freundschaften aufzubauen und zu pflegen, weil sie wegen der aufwendigen Therapie nur wenig Freizeit haben und aufgrund der Infektanfälligkeit an einigen Unternehmungen und Unterrichtsaktivitäten nicht teilnehmen dürfen. Darüber hinaus müssen sie sich stets von Mitschülerinnen und Mitschülern fernhalten, die (auch nur leichte) Infekte haben.


Hinweise für Lehrkräfte

Im Schulalltag empfiehlt es sich, die Belastungen durch die Krankheit und die zeitaufwendige Therapie zu berücksichtigen und der Schülerin oder dem Schüler möglichst viele Freiräume zu schaffen - ohne dass diese oder dieser mehr als nötig in eine Sonderrolle gerät:

  • Lassen Sie die Schülerin oder den Schüler auch im Unterricht essen und ermöglichen Sie ein spontanes Verlassen des Klassenraumes bei Hustenattacken oder zum Toilettenbesuch.
  • Die Betroffenen brauchen zu jeder Mahlzeit die notwendigen Enzymkapseln. Wenn erforderlich, können Sie sie daran erinnern.
  • Finden Sie mit den Eltern, Ärztinnen und Ärzten und dem Kind oder Jugendlichen gemeinsame Sonderregelungen für die Hausaufgaben und gestatten Sie Ruhepausen im Unterricht.

Erhöhte Infektionsgefahr
Jede Infektion der Atemwege ist für unter Mukoviszidose leidende Schülerinnen oder Schüler gefährlich. Wenn in Ihrer Schule Infektionen vermehrt auftreten, informieren Sie bitte die Eltern und überlassen Sie ihnen die Entscheidung, ob sie ihr Kind zur Schule schicken. Pseudomonas-Bakterien sind in fast allen feuchten Räumen und vor allem im Abfluss von Toiletten und Waschbecken anzutreffen. Diese Bakterien stellen für gesunde Schülerinnen und Schüler keine Gefahr dar, können für die erkrankten aber eine verheerende Wirkung haben.


Deshalb ist es besonders wichtig, dass der Toilettengang und der Umgang mit Wasser möglichst den Vorschriften der Ärztinnen und Ärzte und den Gewohnheiten zu Hause entsprechend gehandhabt werden kann. Suchen Sie hier zusammen mit Eltern sowie Kindern und Jugendlichen nach einer einvernehmlichen Problemlösung. Denken Sie bitte auch bei der Unterrichtsplanung an die erhöhte Infektionsgefahr (z.B. kein Tafeldienst).


Sonderregelungen und Klinikaufenthalte

Wegen der schnellen Ermüdbarkeit empfiehlt es sich, einen Nachteilsausgleich zu gewähren. So werden beispielsweise auch während der Prüfungen Ruhezeiten benötigt. Schreibzeitverlängerungen für die Einnahme von notwendigen Mahlzeiten und Medikamenten und für das Inhalieren sind ebenfalls nötig.


Bei Klinikaufenthalten sollten Sie der Schülerin oder dem Schüler helfen, den sozialen und inhaltlichen Anschluss an die Klasse zu halten. Bei einem Klinikaufenthalt ist eine gute Zusammenarbeit mit der Klinikschule wichtig. Die Betroffenen wünschen sich oft, dass Mitschülerinnen und Mitschüler und /oder Lehrkräfte während ihrer Abwesenheit Kontakt halten. Die Teilnahme an Abschlussprüfungen sollte bei langzeitigen Krankenhausaufenthalten ermöglicht werden.


Klassenfahrten und Ausflüge sollten so geplant werden, dass eine Teilnahme möglich ist. Unter Umständen ist zu überlegen, ob Sie eine weitere Begleitperson mitnehmen können. Bei Unsicherheit sollte der Sportfachlehrer mit dem behandelnden Mukoviszidose-Zentrum Kontakt aufnehmen. Unnötige und teure ärztliche Begutachtungen sind zu vermeiden.

Infokasten I

Dieser Beitrag (Autorin: Christiane Beerbom; Fachberatung: Dr. Hans-Georg Posselt) ist eine bearbeitete und ergänzte Passage aus der Handreichung "Schule und Krankheit. Wissen, was möglich ist. Schülerinnen und Schüler mit chronischen Erkrankungen." Die Publikation entstand im Netzwerk "Schule und Krankheit (Universität Potsdam) in Kooperation mit dem Landesinstitut Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM). Weitere Informationen unter www.schuleundkrankheit.de

Besonderheiten im Sportunterricht
Auch wenn sportliche Betätigung nur mit teils erheblichen Einschränkungen möglich ist, sollte aus medizinischen und sozialen Gründen keine generelle Sportbefreiung ausgesprochen werden. Sinnvoll ist oft eine Teilnahme am Sportunterricht ohne Benotung, sofern rechtlich möglich. Eine regelmäßige fachärztliche Untersuchung ist wegen des progressiven Verlaufs unbedingt zu empfehlen. Es ist wünschenswert, dass sich Fachlehrer nach Einholung der Genehmigung bei den Eltern mit behandelnden Ärztinnen und Ärzten des Mukoviszidose-Zentrums in Verbindung setzen.


Im Sportunterricht zu vermeiden sind möglichst:

  • Übungen mit Bauchpresse (Gefahr des Zerreißens von Lungengewebe). Dies äußert sich in stechendem Schmerz in der Schulterregion der betroffenen Seite und plötzlicher Atemnot und macht eine sofortige Klinikeinweisung nötig.
  • bei Vergrößerung von Leber und Milz: Kontaktsportarten (z.B. Handball/Fußball)

 

Folgendes ist weiterhin zu beachten:

  • keine Überanstrengung
  • besonders in den warmen Sommermonaten ausreichende Zufuhr von salzhaltiger Flüssigkeit wegen des vermehrten Verlustes von Salz über den Schweiß. Es tritt weniger Durstgefühl auf!
  • Falls eine Teilnahme am Schwimmunterricht möglich ist, muss danach genügend Zeit zum gründlichen Abtrocknen und Föhnen sein (Infektionsvermeidung).

 

Weitergehende Hinweise für Lehrkräfte bietet die Broschüre "Schülerinnen und Schüler mit Mukoviszidose. Ein Ratgeber für Lehrer." Sie kann als PDF per E-Mail angefordert werden bei Mukoviszidose e.V. unter: info@muko.info

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