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Unfälle sofort anzeigen

  • Unfälle innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis anzeigen
  • Auch sexuelle Übergriffe an der Schule müssen gemeldet werden
  • Ansprüche auf Rentenleistungen verjähren nach vier Jahren

 

Erleiden Schülerinnen und Schüler auf dem Schulweg oder im Schulbetrieb einen Unfall, muss das der Unfallversicherung gemeldet werden. Geschieht das nicht oder verspätet, erschwert das womöglich die Beweislage.

 

Beim Basketball im Sportunterricht knickt ein 16-jähriger Schüler mit dem Fuß um. Es scheint nicht so schlimm zu sein, doch die Sportlehrerin nimmt ihn sicherheitshalber aus dem Spiel. Ein Schulsanitäter behandelt den Knöchel mit einem kühlenden Kompressionsverband, der Schüler lagert das Bein hoch. Das Ereignis wird im Verbandbuch dokumentiert. Am nächsten Tag fehlt der Schüler im Unterricht.

 

„Schulen sollten dann nachfragen, ob der Betroffene wegen des Vorfalls fehlt“, rät Martina Wesselbaum von der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen. Schulleitungen sind nämlich gesetzlich verpflichtet, den Versicherungsfall innerhalb von drei Tagen, nachdem sie Kenntnis davon erhalten haben, dem Unfallversicherungsträger anzuzeigen.

 

Am einfachsten geht es mit der elektronischen Unfallanzeige, bei einigen Unfallkassen kann aber auch ein Papiervordruck heruntergeladen und verwendet werden. Wichtig sei, den Hergang detailliert zu beschreiben und den Verletzten und gegebenenfalls die Zeugen beziehungsweise die aufsichtführende Lehrkraft zu befragen, sagt Wesselbaum, Leiterin der Hauptabteilung Reha und Entschädigung der Regionaldirektion Rheinland. Laut Gesetz kann der Versicherte verlangen, eine Kopie der Anzeige ausgehändigt zu bekommen.

 

Meldepflichtig sind einerseits alle Unfälle, durch die eine Schülerin oder ein Schüler mehr als drei Tage schulunfähig ist. Andererseits ist jeder Unfall anzuzeigen, bei dem Kosten entstehen, sei es durch eine ärztliche Behandlung oder einen Transport. Das gilt auch in den Fällen, in denen keine Schulunfähigkeit entsteht. Zudem sind Wegeunfälle meldepflichtig, ebenso Unfälle im Ausland, etwa auf einer genehmigten Klassenfahrt.

 

Viele wissen nicht: Auch sexuelle Übergriffe oder Fälle von sexualisierter Gewalt an Schulen sind der Unfallversicherung zu melden, da es gesundheitliche Spätfolgen geben kann. Eine Einordnung, was als sexueller Übergriff zu werten ist und was nicht, muss jeweils im Einzelfall vorgenommen werden, sagt Wesselbaum. Im Zweifel beraten dazu auch die Unfallkassen.

 

Dabei spielt es keine Rolle, ob die Tat von einer Lehr- oder Betreuungskraft oder von einem Schüler oder einer Schülerin begangen wurde. „In einigen Fällen haben Unfallkassen erst verspätet über andere Stellen davon erfahren, zum Beispiel über Opferentschädigungsstellen“, berichtet die Expertin. „Solche Verzögerungen sind natürlich nicht hilfreich.“ Die Schulleitung solle daher nicht zurückhaltend sein. Es bestehe immer die Möglichkeit, zunächst telefonisch Kontakt mit dem Unfallversicherungsträger aufzunehmen und sich beraten zu lassen.

Grundsätzlich ersetzt weder eine polizeiliche Unfallaufnahme noch ein Eintrag ins Verbandbuch die Unfallanzeige durch die Schulleitung. Die Anzeige ist nötig, damit der Versicherungsträger tätig werden kann. Zudem dient sie als Entscheidungsgrundlage, ob es sich um einen versicherten Schul- oder Wegeunfall handelt.

 

In der Praxis kommt es aber vor, dass ein Unfall versehentlich gar nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt gemeldet wird. Zwar geht der Versicherungsschutz dadurch nicht verloren. Von Amts wegen muss die Unfallversicherung ermitteln, aber das gestaltet sich umso schwieriger, je mehr Zeit vergangen ist.

 

Es stellt auch ein Problem dar, wenn es darum geht, Spätfolgen geltend zu machen. „Es muss erst einmal festgestellt werden, ob tatsächlich ein Schulunfall vorlag“, sagt die Expertin der Unfallkasse NRW. Existiere dann kein Verbandbuch mehr und gebe es auch sonst keine Unterlagen oder Zeugenaussagen, könne das im Einzelfall dazu führen, dass der Antrag deshalb abgelehnt werde.

 

Abgesehen davon verjährt ein Rentenanspruch vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem er entstanden ist. Werde ein Unfall mit Gesundheitsschaden mit Verspätung gemeldet, könne sich das auf die rückwirkende Rentenleistung auswirken, sagt Wesselbaum. „Insofern sollten Lehrkräfte wie Schülerinnen oder Schüler beziehungsweise deren Eltern die Schulleitung immer umgehend über einen Schul- oder Wegeunfall informieren.“

 

Unfälle melden

 

  • Verbandbücher und Meldeblocks erhalten Schulen kostenfrei von den Unfallkassen. Im Hinblick auf die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) empfiehlt die DGUV, Meldeblocks zu verwenden. .
  • Das ausgefüllte Dokumentationsblatt kann aus dem Meldeblock herausgetrennt werden und muss an einem öffentlich nicht zugänglichen Ort aufbewahrt werden.
  • Die Kosten für das Erste-Hilfe-Material übernimmt der Schulsachkostenträger.
  • Die DGUV-Information „Erste Hilfe in der Schule“ gibt es kostenfrei zum Herunterladen unter: https://publikationen.dguv.de, Webcode: 202-059.
  • Die Unfallversicherungsträger nutzen unterschiedliche Verfahren zur Unfallanzeige, bei einigen ist dies nur digital möglich. Weitere Infos bei den zuständigen Unfallkassen.

 

 

Mirjam Ulrich, Journalistin in Wiesbaden

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