Foto: Dominik Buschardt

Aufklären auf Augenhöhe

  • Medienbildung durch ältere Schülerinnen und Schüler
  • Engagierte Jugendliche bieten Anlaufstelle für Jüngere
  • Konflikten im Chat vorbeugen, technische Fragen klären

 

 

Philipp ist 16 Jahre alt und ein „Digitaler Held“. Zusammen mit neun Mitschülerinnen und Mitschülern der Jahrgänge 8 bis 10 berät er jüngere Kinder an der hessischen Aartalschule im Umgang mit Smartphone und Internet. Die kooperative Gesamtschule nimmt an dem Medienbildungsprogramm „Digitale Helden“ aus Frankfurt teil. Ziel ist es, schon in den fünften und sechsten Klassen das Bewusstsein für Gefahren im Netz zu schärfen, durch Aufklärung auf Augenhöhe. Ähnliche Projekte sind deutschlandweit unter Namen wie „Medienscouts“ oder „SchülerMedienLotsen“ bekannt.

 

Digitalen Streit schlichten

 

An der Aartalschule gibt es die „Digitalen Helden“ seit 2017 als Arbeitsgemeinschaft. „Wir kennen die Situationen, von denen uns die Schülerinnen und Schüler berichten, oft selbst. Das schafft Vertrauen“, erklärt Philipp. Geleitet wird die AG von dem Jugendmedienschutzbeauftragten der Schule, Maurice László, und Schulsozialarbeiter Holger Haller, die zunächst ein Einführungsseminar des Programms besucht haben. „Als Lehrkraft erfahre ich oft zu spät von Problemen mit den digitalen Medien“, meint Maurice László. Aus bissigen Bemerkungen im Klassenchat können schnell Beleidigungen werden. Ein peinliches Foto ist mit einem Klick dutzendfach weitergeleitet.

 

Die „Digitalen Helden“ wirken darauf hin, dass das gar nicht erst passiert. In einem Einsteigerkurs erwerben sie Grundwissen zu Themen wie Cybermobbing und Bildrechten. Dann gehen sie präventiv einmal im Jahr durch die fünften, siebten und neunten Klassen und geben ihr Wissen weiter. Außerdem beantworten sie in jeder großen Pause die Fragen ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler in einem eigenen Raum. „Am häufigsten hören wir von Streit im Klassenchat oder Konflikten bei WhatsApp, SnapChat oder Instagram, zum Beispiel dass Chatverläufe unerlaubt weitergeschickt werden“, erzählt Philipp. „Es gibt auch technische Fragen, etwa zu Privatsphäre-Einstellungen in sozialen Netzwerken.“

 

Eskalation im Chat

 

In einer Doppelstunde am Nachmittag treffen sich die „Helden“ wöchentlich mit Maurice László und Holger Haller, besprechen aktuelle Vorfälle und bilden sich über das Online-Portal des Programms zu Themen rund um Medienschutz weiter. Vor allem zu Beginn seines Engagements habe er aber auch viel von den älteren „Helden“ gelernt, so Philipp. „Hinter Problemen in einem Gruppenchat stecken meist nur zwei Schülerinnen oder Schüler, die ihren Streit über die ganze Klasse austragen“, sagt er. „Ich rate dazu, nicht gleich nach den Schuldigen zu suchen, sondern genau nachzufragen, was passiert ist. Und wenn jemand den Streit anstachelt, mit der Person persönlich zu reden.“

 

Hört Schulsozialarbeiter Holger Haller von einem aktuellen Vorfall, klärt er das Problem teils gemeinsam mit den „Digitalen Helden“ in den Klassen. Umgekehrt bringt er den AG-Mitgliedern zum Beispiel Techniken der Gesprächsführung bei und unterstützt sie darin, selbstsicherer aufzutreten.

Kooperation mit Polizei

 

Bei schwerwiegenden Problemen oder dem Verdacht auf eine Straftat kommen die „Helden“ an ihre Grenzen. Dann setzen sich die Leiter der AG mit dem Jugendkoordinator der örtlichen Polizeidienststelle in Verbindung. Wenn nötig, kommt er persönlich vorbei, um die Schülerschaft über Recht und Gesetz aufzuklären.

 

Nach der zehnten Klasse verlassen die „Digitalen Helden“ die AG mit einem Zertifikat über ihr Engagement. Die Teilnahme an Einsteigerkursen und Online-Portal kostet die Schule 870 Euro pro Schuljahr und wird finanziert vom Lions-Club Untertaunus e. V. Für das Projekt erhielt die Schule 2019 den Präventionspreis des Rheingau-Taunus-Kreises.

 

Nach der zehnten Klasse verlassen die „Digitalen Helden“ die AG mit einem Zertifikat über ihr Engagement. Die Teilnahme an Einsteigerkursen und Online-Portal kostet die Schule 870 Euro pro Schuljahr und wird finanziert vom Lions-Club Untertaunus e. V. Für das Projekt erhielt die Schule 2019 den Präventionspreis des Rheingau-Taunus-Kreises.

Jugendmedienschutzbeauftragter Maurice László ist überzeugt: „Unsere ,Helden’ fangen viele Probleme ab, bevor sie richtig entstehen. Sie sind eine große Hilfe.“ 

 

„Digitale Helden“ im Einsatz

 

Die Aartalschule ist eine kooperative Gesamtschule. Etwa 500 Schülerinnen und Schüler der Jahrgänge 5 bis 10 lernen hier im Hauptschul-, Realschul- und Gymnasialzweig unter einem Dach. Sie werden von rund 40 Lehrkräften unterrichtet. Weitere Infos unter: www.aartalschule.de

 

An dem Medienbildungsprogramm „Digitale Helden“ nehmen aktuell 166 Schulen aus neun Bundesländern teil. Mehr Informationen unter: www.digitale-helden.de

 

 

Nele Langosch, Journalistin und Diplom-Psychologin

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