Foto: privat

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"Viele leiden schon unter Rückenproblemen"

Frau Civis, wer hat den Anstoß zur Teilnahme am Rückenprojekt gegeben?
Auf die Website von "Jugend will sicher- leben" bin ich während einer Internetrecherche gestoßen. Eine der Klassen hatte sich das Thema Rückengesundheit gewünscht. Gerade die Aussicht auf die Preise war ein schöner Anreiz. Angesprochen wurden zwei zwölfte Klassen des beruflichen Gymnasiums sowie die Fleischer und Fleischerfachverkäuferinnen aus der Mittelstufe unseres Berufskollegs.


Wie haben Sie das Projekt in den Unterricht eingebunden?

Mein Ansatz war bewusst zu machen, wie sehr die Jugendlichen selbst vom Thema Rückengesundheit betroffen sind. Dazu haben wir den Test mit Professor Ingo Froböse durchgeführt, auf der Website gibt es ein Video zur Feststellung der eigenen Beweglichkeit. Die verständliche und lockere Art, wie er die Übungen präsentierte, zog die Schülerinnen und Schüler in den Bann. Wir waren überrascht, wie viele bereits unter Rückenproblemen leiden. Darauft in haben wir Dysbalancen und ihre Auswirkungen besprochen, eigene Beschwerden und Auslöser erfasst sowie nach Lösungsmöglichkeiten gesucht.


Mit welchen Belastungen sehen sich Ihre Schülerinnen und Schüler im Ausbildungsalltag konfrontiert?

Gerade die Auszubildenden im Fleischereigeschäft haben starke körperliche Belastungen, zum Beispiel für Handgelenke und Arme. Einige klagen über einen tauben Arm, über ein Kribbeln in den Fingern und Füßen sowie über Waden- und Knieprobleme. Die Ursachen sind aus Sicht der Schülerschaft vielfältig: beugende Haltung beim Putzen von Scheiben und Theken, einseitiges langes Stehen, eintönige Arbeit, schweres und falsches Heben, Stress mit dem Chef, zu wenig Freizeit aufgrund der langen Arbeitszeit und häufiges Sitzen in der Schule. Aber auch aus den anderen Klassen klagten viele über Rückenschmerzen.

Plakat der DGUV Kampagne "Denk an mich. Dein Rücken"

Plakat der DGUV Kampagne "Denk an mich. Dein Rücken"

Wie wurde das Thema dann umgesetzt?
Die Klasse der Fleischer Mittelstufe wollte auf die Straße gehen und Passanten informieren. In Eigenregie organisierten sie einen Stand. Dafür erstellten sie, aufgeteilt in Gruppen, Fragebögen, Plakate, Flyer und eine Facebook-Gruppe. Zuvor hatte ich mir generell das Einverständnis der Schul- und Abteilungsleitung eingeholt, so dass jeden Tag einige Minuten der Unterrichtszeit für die Umsetzung zur Verfügung standen. Auch die Kolleginnen und Kollegen anderer Fächer wurden informiert und um Unterstützung gebeten. Die gymnasialen Klassen erstellten etwa einen Wochen-Trainingsplan mit muskelstärkenden und entspannenden Übungen. In Absprache mit den Lehrkräften führten sie täglich 5 bis 15 Minuten Rückenübungen durch. Eine andere Klasse veränderte die Sitzordnung, um verdrehten Sitzpositionen vorzubeugen. Nun können alle besser nach vorn zur Tafel schauen.

Welche Erfahrungen haben die Schülerinnen und Schüler gemacht, die den Straßenstand betreut haben?
Nachdem sich die Klasse bei der Stadt Dortmund eine Genehmigung für einen Infostand in der Fußgängerzone geholt hatte, konnten viele Passanten über das Thema informiert werden. Die geplanten Rollenspiele hatten die Schülerinnen und Schüler jedoch nicht intensiv genug geübt. Folge: Für viele war es eine große Überwindung, auf die Passanten zuzugehen. Aber im Laufe der Zeit klappte das immer besser - ein Riesengewinn für die Stärkung sozialer Kompetenzen. Im Nachhinein wäre es noch schöner gewesen, wir hätten die Analyse wie auch die Lösungsmöglichkeiten zur Verbesserung der Rückengesundheit auch den Ausbildern direkt vorgestellt.

Gab es für die Aktion Sponsoren?
Nein. Die Plakate wurden selbst erstellt und gestaltet. Als Grundlage dienten Materialien der DGUV.

Inwiefern wirkt das Projekt nach?
Im Sportunterricht machen wir noch regelmäßig etwas, viele der Rückenübungen wurden ins Warm-Up aufgenommen. Da einige Schülerinnen und Schüler bereits selbst stark belastet waren, machen sie noch immer mit großer Begeisterung ihre Übungen. Einige der Kolleginnen und Kollegen führen Powerpausen durch, erfreulicherweise fordern dies einige Jugendliche auch ein. Außerdem sind die Klassen ganz angetan von anderen Sitzmöglichkeiten und probieren derzeit Gymnastikbälle aus. Funktioniert das gut, wollen wir in jedem Unterrichtsraum standardmäßig welche zur Verfügung stellen.

 

AUTOR

Diane Zachen Das Gespräch führte Diane Zachen, Redakteurin (Universum Verlag)

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