Illustration von kreisförmig angeordneten Händen, die Handys halten.

Illustration: a priori

Streamen, Filmen, Programmieren

  • Wie Schulen mit digitalen Medien experimentieren
  • Einsatz von kindgerechtem Kleinrechner, Tablet und Smartphone
  • Wie eine digitale Plattform eigeninitiatives Lernen fördert


Digitale Medien verändern rasant das Lernen und den Unterricht. Wir stellen exemplarisch vier Beispiele aus dem Schulalltag vor.

Kinderleichte Technik


Wie viel ist 6 x 8? Unzählige Male lösen Kinder in der Grundschule solche Aufgaben, damit das Ergebnis per Wiederholung im Langzeitgedächtnis landet. Umso besser geht’s, wenn das Wiederholen Spaß macht. Den haben die Kids der Wiedheckschule in Saarbrücken, seitdem sie mit dem Calliope arbeiten. Das Gerät ist kaum größer als ihre eigenen Hände.


Der „Calliope“ ist eine sternförmige Platine, die die Kinder selbst programmieren können. Zum Beispiel zu einem Einmaleins-Trainer. Die Kinder legen mit einer Steuerungssoftware selbst fest, was das Gerät wann tun soll. Mit farbigen Elementen und einfachen Kommandos lernen sie, wie ein Computer funktioniert und wie man ihn programmiert. So sollen sie ein Grundverständnis für die Funktionsweise von Rechnern entwickeln.


Der Calliope arbeitet mit verschiedenen Sensoren. Er kann seine Lage, seine Beschleunigung und Bewegung messen. Auch Temperatur und Helligkeit kann er feststellen und bietet damit für alle Schulfächer jede Menge Möglichkeiten. 25 Grundprogramme sind vorab installiert. Wer Spaß am Ausprobieren und Programmieren hat, dem sind kaum Grenzen gesetzt. Nach einem ersten Testlauf an der Wiedheckschule in Saarbrücken will das saarländische Bildungsministerium den Calliope jetzt nach und nach an allen Grundschulen einführen. Seit Anfang 2017 können Lehrkräfte an speziellen Schulungen teilnehmen. Erst danach gibt es für ihre Klassen Calliopes. Für die Schulen sind die kleinen Geräte kostenlos. Die gemeinnützige Calliope GmbH finanziert sie bislang komplett durch Spenden- und Fundraising-Aktionen. Auch Google und Microsoft gehören zu den Geldgebern.


Nach dem erfolgreichen Start an der Wiedheckschule arbeitet mittlerweile knapp die Hälfte aller saarländischen Grundschulen mit dem Mini-Computer im Unterricht.

www.wiedheckschule.de

Individuelles Lernen im Digitalen Lernraum


Individuelles und selbstständiges Lernen wird wichtiger. Dafür eignen sich die interaktiven Unterrichtseinheiten des Digitalen Lernraums bestens. Lehrer Dr. Daniel Kittel erzählt, wie er die virtuelle Lernplattform an der baden-württembergischen Gemeinschaftsschule Appenweier einsetzt.


Jeder lernt anders, sagt Dr. Daniel Kittel. Bewusst nutzt der Sek- I-Lehrer die interaktiven und multimedialen Unterrichtseinheiten des Digitalen Lernraums, um die unterschiedlichen Lernkanäle der Schülerinnen und Schüler anzusprechen. „Das digitale Tool eignet sich mit seinen interaktiven Aufgaben, Tests, Umfragen oder Wikis besonders für projektbezogenes Lernen.“ Auch differenzierte Aufgaben sind möglich. Die offen angelegten Dateien können je nach Leistungsstärke und Zusammensetzung der Lerngruppe angepasst werden.


Im Unterricht lösen die Schülerinnen und Schüler selbstständig ihre Aufgaben. Dabei tauschen sie sich untereinander in Chats und Kleingruppen aus. Kittel unterstützt bei Bedarf. Manche Lerninhalte lässt er auch von den Jugendlichen zuerst zu Hause erarbeiten. Währenddessen steht er mithilfe eines Lehrer- Schüler-Forums in Kontakt mit den Jugendlichen.


So verändert sich auch die Rolle der Lehrkraft hin in Richtung eines Lernbegleiters: „Ich setze den Rahmen und führe moderierend Ergebnisse zusammen“, erzählt der Lehrer für Deutsch, Sport, Englisch und Wirtschaftskunde. Wichtig: Die Lernkommunikation in der virtuellen Umgebung ist geschützt. Lediglich Klasse und Lehrkraft haben Zutritt.


Spannend ist, wenn sich die Jugendlichen auf Erkundungsreise begeben und weitere Funktionen des Digitalen Lernraums entdecken. „Schauen Sie, Herr Kittel, hier lassen sich eingebundene Lernvideos nutzen“, hieß es neulich. Ein erwünschter Effekt: „Spüren die Schülerinnen und Schüler, dass sie mir als Lehrkraft etwas Neues zeigen können, ist das eine sehr positive Form von Selbstwirksamkeit


Der Digitale Lernraum, eine Lernplattform auf Moodle-Basis, ist Bestandteil des Online-Schulportals Lernen und Gesundheit, das von der gesetzlichen Unfallversicherung bereitgestellt wird.


Franca Schön, freie Journalistin, und Karen Guckes-Kühl, Redakteurin im Universum Verlag.

redaktion.pp(at)universum.de

Das Tool der Zukunft


Das Marta-Schanzenbach-Gymnasium in Gengenbach war die erste Schule in Baden-Württemberg, die die Nutzung von Tablets im Unterricht eingeführt hat. Jetzt untersucht das Kultusministerium des Landes an 18 Schulen und rund 2.000 Schülerinnen und Schülern, was die kleinen Computer im Schulalltag bewirken.


Wenn der Erdkundelehrer Michael Hoch morgens seine Schultasche packt, darf er eins auf keinen Fall vergessen: sein Tablet. Auch bei seinen Schülerinnen und Schülern gehört das jeden Morgen in den Ranzen. Obwohl solche kleinen Computer an anderen Schulen streng verboten sind – wegen der verlockenden Schummel- Möglichkeiten. Michael Hochs Lieblings- App ist „Puppet Pals“. Die Kinder sprechen Lerninhalte ein und wählen animierte Puppen aus. Heraus kommen eigene Zeichentrickfilme, etwa zum Thema Entwicklungsländer. „Die Kinder schauen sich die Filme etliche Male mit großem Spaß an, Inhalte gelangen so ins Langzeitgedächtnis“, berichtet der Lehrer.


Bereits 2011 bekam am Marta-Schanzenbach- Gymnasium in Gengenbach jedes Kind und jede Lehrkraft der Klassen 7 bis 9 ein Tablet. Finanziert wurde dieses Pilotprojekt durch das Land Baden-Württemberg. Das machte die Schule zu einem echten Vorreiter. Vor allem im Englisch-, Geschichts- und Mathematikunterricht sollten die Tablets zunächst eingesetzt werden. Mittlerweile spielen sie in fast jedem Fach eine Rolle und werden von den Jugendlichen nachmittags auch zu Hause genutzt.


Diesem Beispiel folgen in Baden-Württemberg nun 17 weitere Schulen. Alle beteiligen sich an einem mehrjährigen Schulversuch des Kultusministeriums, das rund eine Million Euro in die Ausstattung der Schulen investierte. Nach dem Vorbild aus Gengenbach setzen auch diese Schulen jetzt Tablets ein. Die Ergebnisse wird das Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung in Tübingen evaluieren.


Für Michael Hoch, der das Tablet-Projekt am Marta-Schanzenbach-Gymnasium mit initiiert hat, steht schon jetzt fest: Tablets sind das Tool der Zukunft. Als seine Schule vor sieben Jahren die Tablets bekam, starteten zeitgleich auch zwei sogenannte „Laptop-Klassen“. Das Konzept war ähnlich, nur dass anstelle von Tablets klappbare Computer eingesetzt wurden. Durchgesetzt haben sich schon nach kurzer Zeit die Tablets. Denn sie sind nicht nur handlicher, sondern auch robuster, nahezu wartungsfrei und in der Anschaffung vergleichsweise günstig.

www.msg-gengenbach.de

Eine ganze Schule wird digital


Bis zum nächsten Schuljahr soll es stehen: Das Medienkonzept, mit dem Schulleiter Stefan Schwarzer das Städtische Gymnasium Rheinbach fit für die Zukunft machen will. Für eine Zukunft, in der Internet und Smartphones in der Schule so selbstverständlich sind wie Hefte und Stifte.


Dass Smartphones im Schulranzen nützlich sein können, fanden die Schülerinnen und Schüler des Städtischen Gymnasiums in Rheinbach schon immer – nicht nur an Klausurtagen. Neuerdings finden das dort auch die Lehrkräfte. Allen voran Schulleiter Stefan Schwarzer. „Ich bin von den Chancen, die Smartphones uns im Unterricht bieten, absolut überzeugt“, sagt er und nutzt digitale Medien in seinem Unterricht, wann immer es möglich ist. Seit einem Jahr erprobt die nordrhein-westfälische Schule in zwei Klassen unterschiedliche Varianten. Das Ziel: Möglichst bald sollen alle Jugendlichen und Lehrkräfte digitale Medien wie Smartphones nutzen.


Momentan arbeiten zwei Klassen in Räumen, die jeweils nach den Konzepten unterschiedlicher Hersteller ausgestattet wurden. Welcher Hersteller sich durchsetzen wird, ist noch nicht absehbar. Klar ist aber schon jetzt: Für Stefan Schwarzer und sein Team gibt es kein Zurück mehr. Sie haben Spaß daran, sich und ihren Beruf weiterzuentwickeln. Wo früher Fernsehgeräte durch die gesamte Schule gekarrt wurden, um einen kurzen Film anzusehen, streamt die Klasse das Video jetzt einfach, und jeder kann es bei Bedarf mehrmals ansehen. Vor Missbrauch haben die Lehrkräfte keine Angst, denn durch spezielle Einstellungen im W-LAN-Netz der Schule sind soziale Netzwerke oder andere unerwünschte Seiten für die Schülerinnen und Schüler nicht zugänglich.


Was Stefan Schwarzer in seinem Englischunterricht fast täglich einsetzt, ist genauso simpel wie nützlich: die Videofunktion. Schüler lesen Texte, geben sie in ihren eigenen Worten wieder und filmen sich dabei. Im Anschluss hören sie die eigene Aussprache. „Die einfachste und trotzdem die beste Funktion“, findet der Schulleiter.

www.sg-rheinbach.de

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